Home Aktuelles Über uns Geschichte Archiv Kontakt Konto Termine Mitglieder
 

 

Archiv

 
 

Sehr geehrte liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier finden Sie jeweils die Zusammenfassung des letzten Kreidekreis-Treffens.

Diesmal:

 
08.03.2017 49. Kreidekreis-Dinner

Nach dem Sprecher-Wechsel in der letzten Zusammenkunft, hatte der Unterzeichner zum Themen-Abend Lehrerbildung eingeladen; im Mittelpunkt sollte der Kurzfilm unseres ehem. Kollegen Lutz Becker "Nach 50 Jahren" über die Gründung der Pädagogischen Hochschule Berlin im November 1946 stehen. Leider gelang es dem Hotel aus technischen Gründen nicht, den Film zu zeigen.

Eingangs begrüßte der Unterzeichner die Anwesenden, bevorzugt die anwesenden Damen / Kolleginnen anlässlich des Internationalen Frauentages mit den besten Wünschen, die von Prof. Kledzik eine Rose erhielten.

Die Anwesenden gedachten des kürzlich verstorbenen Mitgliedes Walfried Ernst, des Leitenden Schulrates i.R. von Neukölln, dessen Familie der Unterzeichner im Namen des Kreidekreises kondoliert hatte. Grüße und Begründungen ihrer Abwesenheit lagen vor von Frau Bauer und den Herren Allers, Kendzia, Meyer und Werner. Hinweis: Auf eine kurze Rückmeldung über die Teilnahme werden wir künftig insbes. auf Wunsch des Hotels Hamburg hinweisen. Wir bitten sehr um Beachtung.

Wünsche auf Mitgliedschaft liegen vor von Frau Kröner, OSchR‘in i.R. (Mitarbeiterin bei SenSchul seit dem 3.1.1983) und dem früheren Fachbereichsleiter der Carl- Zeiss-Oberschule, Rainer Mallée. Der Kugelwurf soll beim 50. Dinner des Kreidekreises erfolgen.

Anwesend waren: Balzer, Boehlke, Eckardt, Frau Gottfried, Kilian, Kledzik, Leischulte, Linkiewicz, Dr. Mottok, Nitschke, Pentzliehn, Roland, Dr. Schuppan, Seiring, Sierp, Frau Thiele-Reiche, Wittke, Frau Zerbel

Von Herrn Seiring wird zu aktuellen, Schule und Bildung berührende Themen informiert:

 

   Das Landesarbeitsgericht Berlin hat das Land Berlin verurteilt, weil es eine Bewerberin für den Schuldienst mit Kopftuch die Einstellung versagte und damit diskriminiert hat. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil hebt auf die Wahrung des Schulfriedens ab, das Berliner Neutralitätsgesetz ist bis dato die Handlungsgrundlage. Die Konflikte seien vorprogrammiert. Der Unterzeichner sieht in Übereinstimmung mit SenSchul (wie auch der frühere GEW-Vors. E. Laube) im Kopftuch ein religiöses Symbol, zugleich ein Integrationshindernis, das mit dem Schulgesetz nicht vereinbar ist.

• Die RA Seyran Ates hat zu einer Moscheen-Gründung für eine liberale Islam-Gemeinde aufgerufen. W. Seiring hat diese Initiative „für einen friedlichen und demokratieverbundenen Islam“ unterstützt und u.a. im Schreiben vom 5.3. erklärt: „Wenngleich meine Position ist, die Religion für eine Privatsache zu halten, so kann ich doch nicht übersehen, dass die Gegenwart durch Ausschließlichkeitsansprüche, durch intolerantes Verhalten von Parteien, Religionsgemeinschaften und selbsternannten Heilsbringern mehr und mehr instabil wird und die Bürger konfrontativ positioniert, was den Zusammenhalt in der Gesellschaft bedrohlich schwinden lässt. Ich unterstütze daher Ihr Vorhaben in der Hoffnung, dass auch die muslimischen Vereinigungen einbezogen werden, die bereits jetzt für eine friedliche Integration auf der Basis unseres Grundgesetzes eintreten.“ Frau Ates hat sich inzwischen bedankt und letzteres zugesichert. 

   Von SenSchul war auf eine Kleine Anfrage zu erfahren, dass es gegenwärtig 33 Schulen gibt mit 90 % Migrantenanteil und weitere 128, in denen der Anteil zwischen 60 und 90 % liegt. Auf 15 ist die Zahl der Schulen gestiegen, in denen über 90 % der Familien von staatlichen Transferleistungen leben.

•   Die größer gewordene Zahl sog. Quereinsteiger in den Lehrerberuf, um Lücken zu schließen, ist angesichts des bestehenden Lehrermangels wohl erforderlich, gleichwohl wird der Öffentlichkeit vermittelt, dass die Lehrerqualifikation nicht von entscheidender Bedeutung sei für den Berufserfolg. Unser früherer Kollege Andreas Stephan hat dazu in einem Leserbrief (Tsp. v. 26.2.17) von „einer Zeit der gesellschaftspolitischen Verantwortungs- und Sprachlosigkeit“ gesprochen und u.a. den Fachlehrer für Geschichte gefordert, der für Demokratie-Erziehung fachlich zuständig ist.

•  Mehrere Teilstudien (begonnen 2008/09 von Schulentwicklungsforschern der Uni Hamburg und dem Beratungsunternehmen Ramboll Management Consulting) bescheinigen den Berliner Gemeinschaftsschulen Erfolge; Schüler lernten dort besser als vergleichbare Schüler in Hamburg, es gäbe sogar höhere Lernzuwächse als bei Gymnasiasten und der Erfolg hänge weniger stark davon ab, welche soziale Herkunft die Jugendlichen haben. Man darf auf das Endergebnis der Forschungen gespannt sein.

   Eine Nachricht  zur Inklusion dagegen alarmiert: Der Unterzeichner verweist auf die Publikation „Die Inklusionsfalle. Wie eine gut gemeinte Idee unser Bildungssystem ruiniert“ von Michael Felten, Gütersloher Verlagshaus; 17,99 €. Die Grünen hatten 2009 ein Gutachten über den Preis der Inklusion in Auftrag gegeben: Die Kosten: 49 Milliarden Euro, zöge man davon das Geld ab, das man durch die Schließung der Förderschulen einsparte, bliebe immer noch ein Neuaufwand von 35 Milliarden. Woher nehmen?? Dazu meine schriftliche Reaktion:  „Vor 30 Jahren stimmte ich dem Integrationswunsch einer Oberschule schulaufsichtlich zu. Seit dieser Zeit sammle ich alle Erfahrungsberichte zur Inklusion in unseren Schulen; ihnen  ist eines gemein: Die Befürworter sitzen meist an Schreibtischen, die Skeptiker und Gegner berichten aus den Klassenzimmern über die bedenklichen praktischen Folgen einer zunächst begrüßenswerten Idee. Bei der Einführung erleben die Lehrkräfte die Zustimmung der belasteten Eltern, das ehrende Anerkennen der Vorgesetzten und sogar das Einhalten der versprochenen Veränderungen, wie Frequenzsenkung, zusätzliche Hilfen durch ausgebildete Sonderpädagogen und stützende Weiterbildungsangebote. Bald aber zeigt sich, dass es nicht nur um Kinder mit dem Down-Syndrom geht, die sich leicht integrieren lassen, sondern auch um Kinder mit schweren sozial-emotionalen Störungen, um Lernbehinderte, um hör- und sehbehinderte Kinder, die eine spezielle Anleitung, ein differenziertes Lernmaterial und eine Lernumgebung in kleinen Gruppen benötigen. Sehr bald erleben die Lehrkräfte, dass die zweite Lehrkraft für andere Klassen gebraucht wird, dass  es an speziellem Material zur individuellen Förderung fehlt und an Sonderpädagogen, die auf langjährige Erfahrungen in Förderschuleinrichtungen aufbauen können. Leider führt auch der ansteigende Erziehungsverlust in den Familien zu sehr schwierigen Kindern, die die Lernmotivation einer ganzen Klasse zerstören können. Spezielle lerntherapeutische Maßnahmen sind dann nur in Kleingruppen mit entsprechendem Fachpersonal erfolgversprechend. Eine gute Idee, die 49 Milliarden Euro kostet, errechnet sogar von Befürwortern der Inklusion, sollte man nicht mit deutscher Gründlichkeit durchdrücken. Augenmaß und Beachtung der warnenden Erfahrungen der Praktiker müssen in den Realisierungsprozess endlich eine angemessene Rolle spielen. Der Ausweg bildungs- und leistungsorientierter Eltern in die Privatschulen ist schon erkennbar, und noch stärker wird die nicht wünschbare soziale Selektion.“

   Die Berliner Oberschulrätin Heike Kaack hat eine Dissertation über den letzten pädagogischen Kongress der DDR vorgelegt. Der Unterzeichner hat für die Deutsche Schule eine Rezension geschrieben, die bei Interesse jeder Anwesende erhalten kann (H.Kaack: Der IX. Pädagogische Kongress am Ende der DDR. Internationaler Verlag der Wissenschaften, Ffm. 2016)

   Empfehlenswerte Lektüre: Rainer Klingholz/ Wolfgang Lutz: Wer überlebt? Bildung entscheidet über die Zukunft der Menschheit, Campus Verlag Ffm., New York 2016

•   Prof. Kledzik ging auf den gegenwärtigen Wandel der Lehrerbildung ein und hob hervor: Impuls durch die Bundesregierung 2014 mit der "Qualitätsoffensive für Lehrerbildung in Deutschland", Reaktion der verfassungsmäßig zuständigen Landesregierungen, in Berlin Verabschiedung des "Lehrkräftebildungsgesetzes 2015". Konsequenz: Gründung von Schools of Education an drei Berliner Universitäten und dabei Verwirklichung der seit den 20iger Jahren (Reichsschulkonferenz) angestrebten voll akademischen Lehrerbildung für alle Lehrerlaufbahnen. - Diese Neuformierung der Lehrerlaufbahnen enthält die Übernahme der international üblichen Ausbildungsstufen (Bachelor,Master), legt den Standard für jede Lehrerlaufbahn beim MASTER fest und damit auch die Platzierung der Lehrerbildung an der Universität auf der Ebene einer FAKULTÄT. - Die Technische Universität Berlin gründete am 25. 01. 2017 die School of Education für die Berufliche Bildung und den Lehr-und Forschungsbereich ARBEITSLEHRE.

Schließlich sei protokolliert: Freude über zustimmende Bemerkungen, Gleichklang der Einschätzungen, Austausch erfahrungsbelegter Urteile wenngleich mitunter beunruhigende Erkenntnisse aus der Wirklichkeit von Schule und Universität der Gegenwart, die einst unser Wirkungsfeld waren; Beifall für die japanische Weisheit:

„Die größte Kulturleistung eines Volkes sind die zufriedenen Alten.“

Wilfried Seiring, 8. März 2017