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Abschlussrede Prof. Ulrich-Johannes Kledzik
anlässlich der GATWU-Tagung am 12.11.2016 / Institut für berufliche Bildung und Arbeitslehre der TU Berlin (IBBA)

     

     
 

Verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen

Herzlichen Dank für die freundlichen Erinnerungen, besonderer Dank Herrn Seiring, meinem langjährigen Kollegen im Amt und persönlichen Freund, und Herrn Eisen, der nun auch schon Jahre der Faszination des neuen Lehr- u. Forschungsbereichs erlegen ist!

Ich beschränke mich auf Anmerkungen zur Wegstrecke in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, zu einem Leben mit Schulpädagogik und Bildungspolitik.

Geraubte Jugend in Kriegszeiten, Luftwaffenhelfergeneration - Stunde 0 in Gefangenschaft, Verlust der halben Familie..... aber mit der Entscheidung zum Lehrberuf Talent entdeckt - Wissen erworben - Überzeugung gewonnen - Engagement entwickelt.... Die schlimmsten Lebensjahre konnten mit jugendlicher Kraft bestanden werden.

Die Zeit nach dem Kriege wurde als Befreiung erlebt. Zerbrochene Stadt, erstes pädagogisches Praktizieren in notdürftig benutzbaren Schulräumen selbst, der neuge- gründeten Hochschule fehlte alles, die Öffentlich-Wissenschaftliche Bibliothek Unter den Linden, das Amerika-House waren geheizt, Wilhelm Blume nannte es Schwimmkurs in der Klasse selbst, erste Belehrungen wurden unmittelbaren Erfahrungen entnommen -
Tatsächlich fing das Verstehen beim Selbermachen an.
Wilhelm Blumes Ansatz, allen Lehrern handwerkliche Erfahrungen zu vermitteln und damit Kopf und Hand gleichermaßen zu üben, um den Verbalismus zu vermeiden und das von Pestalozzi schon angeprangerte MAULBRAUCHEN der Lehrer zu vermindern, konnte er nicht durchsetzen, aber seine pädagogischen Prinzipien Selbsterfahrung - Projektorientierung - Versachlichung des Lehr- u. Lernverhaltens sind 70 Jahre danach noch Themen im nicht nur deutschen Schulwesen.

Gelebtes Leben verklärt sich oft in der Rückschau - Eine große Berliner Tageszeitung erinnerte einmal an die Aufbruchstimmung und pädagogische Begeisterung, die in den 60-er und 70-Jahren, bis in die 80-er anhaltend die bildungspolitische und schulpädagogische Situation im westlichen Berlin wie ein ferner revolutionärer Schein prägte.

Schule wurde zum Experiment, verstand sich in der Stadt als Werkstatt für Revisionen, Reformen, aufgenommen von Parteien, Verbänden, Ausschüssen bedeutender und weniger bedeutender Provenienz. Das gesamte Arbeits- und Konsumverhalten, das Sozial- uns Kulturverhalten änderte sich, der Berliner Pädagoge Paul Heimann beschrieb die Lage und gewann viele Follower, wie man heute sagt. Schulplanungen setzten ein, Neufassungen von Rahmenplänen fiír Unterricht UND Erziehung, lerntheoretische Begründungen für Exemplarität, Differenzierung, Spezialisierung wurden formuliert. Die zentrale Leitstelle KUTUSMINISTERKONFERENZ folgte den Empfehlungen des damaligen Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen, löste sich von Traditionen und empfahl Umgangserfahrungen aus Arbeitsprozessen zu vermitteln, Planung und Bewertung von Berufsarbeit und Haushaltsführung einzuführen, eine verständigere erste Berufsentscheidung zu ermöglichen, Überfachlichkeit zu benennen, Integration wurde neues Schlüsselwort, die etwas vage Bezeichnung ARBEITSLEHRE löste enorme Aktivitäten aus.

Berlin legte schon 1970 einen ersten Rahmenplan für Arbeitslehre vor, und im gleichen Jahr benannte das Land Berlin die GESAMTSCHULE als neuentworfene reguläre Schulfom neben dem gegliederten Schulwesen. Eröffnete mit dem Bau von 15 Bildungszentren den neuen Schultyp als Prüffeld für Realisierung, Erfahrung und Kritik.

Nur wegen der Vollständigkeit: Berlin verankerte das l0.Pflichtschuljahr 1978 per Gesetz (noch heute eine Minderheit unter den Bundesländern !), viele Kooperationen wurden nun zwingend, die Zusammenarbeit mit den Hochschulen, der Arbeits- und Berufsberatung...

Schulgeschichte -Daten aus einem Bundesland; das sich als Werkstatt für bildungspolitische und schulpädagogische Entwicklungen verstand, auch politisch verstehen musste. Ich deute damit die Gestimmtheit jener Periode an, deren Teil ich zwischen 1963 und 1990 mitverantwortlich war.

 
     
 

Heute haben wir die dritte Generation, die seit 1964 das Werk ARBEITSLEHRE vertritt, viele Kolleginnen und Kollegen wären zu nennen, beschränke mich mit Verlaub und aus diesem Anlass auf die Namen Blankertz, Groth Werner, Schulz, Klaki die Grundlegung boten und die seit 1980 an dieser Universität fortführten Schneidewind, Hendricks, Steffens, Nitsch, Frau Rughöflz, Frau Torniporth, Günter Reuel besetzte seine Position und warb durch Fachmannschaft viele Kollegen ein, die selbst die Aufgabe längst schon sich zu eigen gemacht haben, mit großem Erfolg: Günter Eisen, Detmar Grammel, Renger, Kolleginnen Fiedler, Jägermeier, die Gesellschaft für Arbeit und Technik im Unterricht /GATWU um die Herren Triebe und Hoge.

Im neuen Haus hier in der Marchstraße tritt Erinnerung nicht an die Stelle der Hoffnung, im Gegenteil, zeitbezogene Erweiterungen, Korrekturen durch die Strukturprofessoren Ulf Schrader, Liudger Dienel - soeben berufen Tim Engartner - Frau Simone Knab, Frau Langen fördern das Anliegen in der Theorie und Praxis des IBBA. Im Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre wird debattiert, entworfen, ergänzt, eine lebendige Szene, die als soeben berufene SCHOOL of EDUCATION der Berliner Lehrerbildung ein beachtenswertes Profil mit zeitgemäßen Entwürfen, begeisternder Lehre und vorzeigbaren Ergebnissen in der Aus- und Weiterbildung verleihen dürfte. Diese heute und hier festzustellen, ist mir eine Freude!

Noch lange kein Fazit, aber einige Erkennisse und Ermutigungen lassen sich benennen...

Unterricht und Erziehung müssen nicht nur Rezeption sondern Aktionen vorhalten, so dass Bildung sich ereignet und Leidenschaft fördert... kurz, gerade im Pädagogischen dürfen wir nicht auf Praxis verzichten...

Wir sind alle längst Mitspieler (Höhler) geworden, die in kollegialer Solidarität, mit Mut, Fleiß und Zuversicht agieren müssen, um die Spannungen zwischen Schulpädagogik, Bildungspolitik, Wissenschaftskonkurrenz, persönlichen Eigenarten bestehen zu können.

Lehrende müssen heute wohl im Konkurrenzfeld der Medien als Person faszinieren.. .auch im Alltagsuchen wir im Wust der Werbung den zuverlässigen Kenner, den Könner, Motivation zieht an, gerade im didaktischen Feld.

Wenn Erfolg mit 10 % Inspiration und 90 % Transpiration definiert wird und Arbeit das Talent fördert, dann sind Ausdauer und Konzentrationkraft für Lehrende und Lernende unabdingbar.

Neugierde auf Ideen und Menschen treiben an, um Geduld muss man sich mühen.

Der Mensch bleibt nicht ungefährlich, er wird erst durch rechtliche Ordnung, transparente Regeln und demokratisches Bewusstsein sozusagen zivilisiert, Schulpraxis verlangt die leichte Hand, die hält und lässt...

Mehrheit ist nicht immer Wahrheit, Kompromisse bestimmen unser Leben und verhindern Ausbeutung und Unterwerfung... Ein bedeutender Erfahrungswert für Lernende...

Für Pädagogen und nicht nur für sie bleibt die Zuwendungsbereitschaft Voraussetzung _ Schüler, Kollegen, Betroffene... müssen sich angenommen fühlen, Vertrauen bemerken und auch Tröstung empfinden können.

Mir half oft das Bemühen um die Anwendung des dialogischen Prinzips, wie es von Martin Buber gefasst wurde: Das Ich antwortet dem DU... ohne Zynismus, mit Humor, Optimismus bleibt Pflicht....

Am Ende des Dienstweges, den ich selten als Bedrückung erlebte, eine Freude und Bestätigung auslösende Zeitungsnotiz im TAGESSPIEGEL vom 6. September d.J. gleichzeitig auch für Sie ein Dank für den oft Maße überschreitenden Einsatz für die Sache.

 
     
  lm Rahmen der Übergangsprozeduren von der Grundschule zur Oberschule nach der 6. Klasse, entschied sich ein Schüler nach Vergleich von 7 Gymnasien und Sekundarschulen, einschließlich der Teilnahme am Probeunterricht an zwei Schulen, für den Übertritt in die Sophie-Scholl-Sekundarschule in Schöneberg.
Begründung: Die Schule am Winterfeldplatz hat einen Garten - besonders gefielen die Räume für den WAT-Unterricht - Dort wurde ein Ofen gebaut - Staunen über die vielen Sägen im Werkraum - auch die Lehrer des Fachunterrichts waren nett und sie gingen auf die Kinder zu und haben Fragen beantwortet...

Was steckt nicht alles in diesen einfachen Schüleraussagen - Feststellungen, Hoffnungen - Erwartungen, die wir Lehrenden zu erfüllen haben...

Ihnen allen Kraft zur Erfüllung dieser Erwartungen in Ihrer Zeit .... ..